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Nach den
Kindern kommt die Wüste - Ehepaar Taudien auf einer Sahara-Marathonrally
- von H. Schekahn
Das Schöne
an Marathonrallys sind neben PS-Boliden, fernen Ländern
und wunderschönen Landschaften vor allem die Menschen, die
sich vor und hinter den Kulissen einer solchen Rally tummeln.
Anders als bei WRC-Rallys oder Bajas sind hier die unterschiedlichsten
Menschen ebenso unterschiedlichen Alters über die Zeit eines
gewöhnlichen Familienurlaubs eng miteinander verbunden.
Der Pajero beim Show-Start
in Tunis...
Und
so überrascht es irgendwann auch nicht mehr, wenn während
der Sahara-Rally El Chott ein graumellierter Schopf unter dem
gerade abgenommenen Helm zum Vorschein kommt. Ein Herr im Alter
der Eltern des Autors - und aus dem Beifahrersitz neben ihm steigt
seine in etwa gleichaltrige Copilotin und Gattin aus dem neuen,
fast serienmässigen Mitsubishi Pajero V60.
...und schnell auf einer staubigen
Piste.
Die
beiden stellen sich als Gerhard und Sigrid Taudien vor. Und sind
stolz auf das, was sie tun. Und doch wirft sich dem jungen Redakteur
immer wieder die Frage auf, wie die beiden denn nun auf solch
ein Rallyauto und eine vergleichsweise schwierige und langatmige
Wüstenrally geraten sind.
Die
"Rallykarriere" Gerhard Taudiens liegt schon ein paar
Jahre zurück. Ende 1960 nahm der heute 53-Jährige mit
einem Fiat 850 Abarth an regionalen Rallys teil. Obwohl die Dakar
noch nicht erfunden war, reizte ihn damals schon die Wüste
- 1975 schliesslich fasste Taudien den Entschluss, die Sahara
bis nach Mauretanien zu durchqueren. Die Vorbereitungen (Routenplanung,
Ausrüstung usw.) zogen sich hin, bis Taudien 1976 seine
heutige Ehefrau Sigrid kennenlernte. Die Heirat kam schnell,
die Wüstenpläne mussten verschoben werden - statt Mauretanien
Flitterwochen im Allgäu. "Allerdings hatte auch meine
Frau Gefallen an der Wüstentour gefunden", berichtet
Taudien, "ich musste ihr versprechen, dies eines Tages nachzuholen".
Sigrid und Gerhard Taudien
im Gespräch
Am Ruhetag wird das GPS neu
programmiert
Die
Jahre vergingen. Kinder kamen, die berufliche Karriere wuchs.
"1987 kaufte ich meinen ersten neuen Mitsubishi, einen Space
Wagon als Familienkutsche", erzählt Gerhard Taudien,
"seit diesem Datum bin ich eingeschworener Mitsubishifahrer".
Zum Pajero kam er relativ schnell: "2002 war ich mit meinem
fast neuen Galant V6 beim Kundendienst und blätterte in
einem Prospekt vom Pajero V60. Mein Händler fragte mich,
ob ich den Pajero nicht einmal übers Wochenende probefahren
möchte".
Der Sand war teilweise fein
wie Pulver
Taudien
berichtet weiter: "Der Zeitpunkt war optimal, da ich das
nächste Wochenende nach Südtirol musste. Also Auto
am Freitag abgeholt, nach Südtirol gedüst und zurück",
so der Bayer. Die Begeisterung über den Offroader war derart
gross, das Gerhard Taudien den Wagen nicht mehr zurückgeben
wollte. "Einpacken, den nehm ich sofort mit" - am darauffolgenden
Mittwoch war der Pajero auf seinen Namen zugelassen.
Der Grundstein für die Einlösung seines
Versprechens einer Wüstenreise war gelegt.
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"Ich informierte
mich im Internet über die Offroad-Szene und stiess auf die
Seite der Sahara-Rally El Chott", berichtet der Bayer. "Meine
Frau und ich schauten uns an - sollen wir"? Das war es.
Eine Wüstenrally für Amateure, ein Mix aus Profis und
Newcomern. "Wir buchten daraufhin im Dezember 2002 ein Roadbook-,
Gelände- und Wüstentraining und schickten unsere Nennung
ab" so Taudien.
So ganz serienmässig
sollte dem Pajero eine Wüstenrally dann doch nicht zugetraut
werden. Und so ging der dunkelgrüne Offroader für einige
Tage zum Rallyspezialisten ORC ins Schwäbische, der dem
Pajero ein komplett rallytaugliches Dämpfersystem verpasste.
Die Taudiens mit Pokal bei
der Siegerehrung
Anfang November war es dann
endlich soweit: Mit der Rally El Chott das erste mal in die Dünen.
"Wir wollen die Rally nicht gewinnen, aber auch nicht verlieren.
Ankommen ist das Wichstigste, und dafür haben wir ein wenig
trainiert", so Gerhard Taudien.
Die
Rally selbst begann mit einer ungewöhnlichen Karambolage.
Während des Prologes am Strand von Hammamet fuhren beide
auf einen Baumstumpf auf, von dem nur die Wurzeln zu sehen waren.
Der Stumpf wirkte wie ein Wagenheber und hebelte den Pajero kurzerhand
um einen halben Meter auf. Das eine Wüstenrally oft mit
viel Schweiss zu tun hat wussten die Taudiens - aber ein Baumstumpf?
Besonders tückisch sind
Bodenwellen...
Die
weitere Rally verlief für die beiden sehr gut. Ohne grössere
Schäden (ein Teil der hinteren Stosstange verabschiedete
sich in den Dünen, der Rest wurde kurzerhand angepasst)
ging es jeden Tag über die komplette Strecke bis ins Ziel.
Nicht ganz so schnell wie die Profis, aber dafür stetig
und ohne Übernachtung in den Dünen.
...sie hebeln das Auto regelrecht
aus...
...und sorgen für unsanfte
Landungen...
...bei denen es, man sieht
es, besonders...
...auf das richtige Fahrwerk
ankommt.
Das
reichte am Ende in der Gesamtwertung sogar für Platz 12
(in der Klassenwertung Platz 8) - von insgesamt 38 ins Ziel gekommenen
Geländewagen. Eine respektable Vorstellung für die
erste Wüstenrally. Entsprechend stolz feierte das Paar dann
auch auf der Siegerehrung - und das sollen auch alle sehen: "Die
Werbung auf dem Pajero bleibt drauf", so Gerhard Taudien
überzeugt.
Artikel:
H. Schekahn, G. Taudien Fotos: marathonrally.com
Link: [ El Chott Rally ] |
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