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 Balkan Offroad BLOG: Der fliegende Bürgermeister und ein Loch im Popo.
Ab und an, wenn es mal etwas Besonderes aus einem besonderen Rallyland gibt, dann bloggen wir gerne auch einmal - um die Geschichten hinter den Kulissen zu zeigen. Nach 2010 sind wir nun zum zweiten mal bei der "Balkan Offroad" Rally in Bulgarien - und dennoch ist alles anders als im Vorjahr.
Statt in den kühlen (und nassen) Bergen um die Stadt Plovdiv sind wir in der Stadt Kardjali im Südwesten des Landes - und es ist heiss, sehr heiss. Nicht das man Temperaturen um die 40 Grad in der Sonne z.B. aus Afrika gewohnt wäre, aber hier ist es eine erdrückende, schwüle Hitze. Alles ist dadurch einen Tick langsamer - selbst die Schritte, die man geht.
In Deutschland ist man es als Veranstalter gewohnt, mit dutzenden Hürden, übertriebenen Gesetzen, selbsternannten Umweltschützern oder stumpfen Politikern zu arbeiten - in Kardjali ist das anders. Der Bürgermeister ist jung, voller Elan und ein Motorsport-Fan. Er macht simpel alles, um den Motorsport in "seine" Stadt zu holen.
Nach einem Empfang mit Kaffee und Kuchen im Chefbüro am Samstag setzte sich der Bürgermeister am Sonntag selbst in ein Rallyauto, um (ohne Helm!) den Prolog zu eröffnen. Und das tat er gewaltig: Mit Vollgas und zahlreichen Sprüngen "flog" er durch die Strecke - um am Ende ausserhalb der Wertung fast die schnellste Zeit zu fahren. Respekt!
Die "deutsche Gründlichkeit" hat aber auch sein Gutes - vor allem, wenn es um die nächtliche Sicherheit geht. Oder kennen Sie Löcher im Bürgersteig, ausfallende Strassenlaternen und aus Häusern hervorstehende Metallstangen? Naja, hier muss man damit rechnen. Und prompt wurde die Unachtsamkeit bestraft: Kurz nach Mitternacht, auf dem Weg vom Fahrerlager ins Hotel. Absolute Dunkelheit. Ein Betonblock einer Treppe brach ab, inklusive zweier Journalisten ging es zwei Meter abwärts. Glück im Unglück: Bis auf eine Metallstange "im Popo" (immerhin 3 cm tief) und ein paar Schürfwunden ist nichts passiert.
Der Unterschied zwischen Alt und Neu ist hier extrem. Auf den Strassen trifft man ebenso Pferdefuhrwerke wie nagelneue Mercedes. Häuser sind teilweise verfallen und dennoch bewohnt, direkt daneben baut man neu und schick. Die sozialistischen Betonburgen sind immer noch präsent, zerbröseln aber Stück für Stück. Stromkabel verlegt man gerne offen - und auch mal per Luftlinie von Hausdach zu Hausdach.
Unser Hotel ist aussen "pfui" und innen "hui", alles schick, sauber und komfortabel. Nur die Klempner hätten nach dem Einbau der Toiletten einmal probesitzen sollen, denn das Klo ist direkt vor dem Waschbecken angebracht - so lernt man den "Damensitz" (seitlich sitzen)... ungewohnt, aber irgendwie klappt das auch.
Auch die Menschen könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Nähe zur Türkei wird deutlich: Auf der einen Strassenseite sexy gekleidete, europäisch aussehenden Mädels, auf der anderen Strassenseite streng verhüllte Musliminnen. Lustig wird es in einer Diskothek: Erst allgemeine House-Musik, dann orientalisches Gedudel. Ein netter Mix, der sich mit etwas Alkohol sogar gut ertragen lässt.
Es wird also eine spannende und interessante Woche, soviel steht schon einmal fest. Und deshalb werden wir uns des Öfteren mit einem "Blog" aus Bulgarien melden - es gibt einfach viel zu erzählen.
2011/09/04 | 16:29 CET | ARTICLE: MR/SY


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